Flughafenschließung
Jeder will noch mal von Tempelhof abfliegen
Zwei Wochen vor der Schließung des legendären Flughafens Tempelhof ist der Airport gefragt wie selten zuvor. Vor allem kleine Maschinen von Hobbyfliegern steuern ihn jetzt an, aber auch viele historische Flugzeuge wie die Antonow 2, der größte Doppeldecker der Welt.
Bald wird man keine Flugzeuge mehr über Tempelhof starten oder landen sehen.
Sie werden auf dem Flughafen bleiben, wenn in genau 14 Tagen der letzte Flieger in Tempelhof abheben wird. Dann allerdings wird es ganz ruhig um die zehn ehemaligen Luftfahrttechniker der Interflug werden. Das Brummen des Rosinenbombers und der legendären Ju 52, das Dröhnen der Linienmaschinen und Knattern der kleinen Propellermaschinen der Hobbyflieger werden sie bei ihrer kleinteiligen wie langwierigen Arbeit im Hangar 4 vermissen.
Seit zwei Jahren bauen die "Enthusiasten", wie sie sich selbst nennen, eine heute auf den Tag genau 50 Jahre alte Iljuschin-Passagiermaschine des Typs IL14 wieder auf. "Am 16. Oktober 1958 war die Maschine in den Dienst gestellt worden", erzählt Interflug-Techniker Wolf Gläser. "Sie flog im Dienst der Armee, wurde für Fallschirmspringer eingesetzt oder lieferte mit ihren beiden Kameras Luftbilder für die Kartografen." Zuletzt stand das Flugzeug unbewacht auf dem Flughafen Eilenburg bei Leipzig und wurde ausgeplündert. Für das Technikmuseum bringen die Interflug-Veteranen in ihrer Freizeit die Maschine wieder auf Vordermann. Und das kann noch Jahre dauern.
Schließungstourismus hat eingesetzt
Dass der Flughafen Tempelhof geschlossen wird, bedauert Gläser außerordentlich. "Hier ist Luftfahrtgeschichte geschrieben worden. Hier könnten historische Maschinen fliegen und natürlich Geschäftsflieger starten und landen." Die IL 14 jedenfalls wird den Flughafen auf dem Boden verlassen müssen. Doch zwei Wochen vor der Schließung des legendären Flughafens geht es dort umso betriebsamer zu, sind auf dem Vorfeld nicht nur die ohnehin dort gewohnten hypermodernen Geschäftsreisejets zu sehen, sondern auch verstärkt historische Maschinen wie der größte Doppeldecker der Welt, die Antonow 2, und massenhaft kleine Maschinen von Hobbyfliegern aus ganz Europa. "Seit sechs Wochen beobachten wir so etwas wie einen Schließungstourismus", sagt der Verkehrsleiter von Tegel und Tempelhof, Elmar Kleinert. "Tempelhof ist weltweit eine Legende.
Jeder Flieger möchte noch einmal auf diesem Flughafen landen. Die Piloten kommen aus den entlegensten Winkeln Deutschlands und aus ganz Europa." An den Wochenenden, so Kleinert, werden in Tempelhof jetzt deutlich mehr Flugbewegungen als in Tegel und Schönefeld zusammen gezählt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum habe sich die Zahl der Flugbewegungen vervierfacht. Der Tower-Chef der Flugsicherung in Tempelhof, Dietmar Hildebrandt, nennt 300 Starts und Landungen allein von Sichtfliegern an Spitzentagen. Das sind bei neun Stunden Betrieb 33 Starts und Landungen pro Stunde, eine Flugbewegung alle zwei Minuten und das nur von Hobbyfliegern.
Für den 25. Oktober hat der Schweizer Pilot Edgar Jung einen internationalen Protest-Sternflug gegen die Schließung mit 130 Flugzeugen auf Tempelhof angekündigt. Eine besondere Herausforderung für die Fluglotsen. "Wir tun, was wir können. Teilweise mussten die Flieger bislang zwischen 30 Minuten und einer Stunde in der Luft vor Berlin kreisen und warten, bis sie landen konnten", sagt Hildebrandt.
Flugsicherung tut, was sie kann
Um diese Warteschleifen für die letzten Tage des Flughafens aber auszuschließen, müssen sich die Piloten jetzt rechtzeitig anmelden und bekommen von der Flugsicherung Slots zugeteilt. Für die Interflug-Techniker im Ruhestand sorgt der verstärkte Flugbetrieb für Abwechslung von ihrer Bastlerarbeit an der Iljuschin-Passagiermaschine. Am Dienstag konnten sie in die Kabine und das Cockpit der Ju 52 klettern und sich die Technik der historischen Maschine von Ju 52-Mechaniker Jörg Hennig erklären lassen. Das legendäre Junkers-Flugzeug startet wie auch der Rosinenbomber jetzt verstärkt zu Rundflügen von Tempelhof aus.
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